Warum ist Blindleistung für die Energiewende notwendig?
Die deutsche Bundesregierung hat mit dem erweiterten Energiekonzept vom 06. Juni 2011 den Atomausstieg bis 2022 beschlossen. Zeitgleich hat sie durch ein umfangreiches Gesetzespaket zur Förderung Erneuerbaren Energien (EE) dem verstärkten Zubau EE-Anlagen den Weg geebnet. Damit angestoßen ist eine umfangreiche Transformation unseres Energiesystems. Die Einspeisung der EE-Anlagen erfolgt, anders als bei konventionellen Großkraftwerken, mehrheitlich in der Verteilnetzebene. Diese wurden jedoch nicht für die Aufnahme solch großer Erzeugungsleistungen ausgelegt. Daraus ergeben sich neue Anforderungen an die Auslegung und den Betrieb der Stromnetze, um dennoch eine sichere und zuverlässige Stromversorgung zu gewährleisten. Der Spannungshaltung kommt dabei eine zentrale Rolle zu. In der ehemals konventionell geprägten Erzeugungsstruktur war oft der Spannungsabfall über den Nieder- und Mittelspannungsleitungen das hauptsächliche Problem. Dem begegneten die Netzbetreiber beispielsweise mit der Bereitstellung kapazitiver Blindleistung, da diese einen spannungshebenden Einfluss auf die Netzspannung hat. Durch die Einspeisung elektrischer Energie aus EE-Anlagen in diesen Netzebenen kann es nun an einspeisestarken Tagen auch zu Spannungsanhebungen am Netzanschlusspunkt der Erzeugungsanlagen kommen. Um dennoch die nach DIN EN 50160 geforderten Spannungsgrenzen von ±10 % der Nennspannung in der Nieder- und Mittelspannungsebene einzuhalten, bedarf es neuer Lösungen hinsichtlich der Spannungshaltung. Netzbetreibern stehen dazu unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung. Der Einsatz eines regelbaren Ortsnetztransformators, der Austausch von Leitungen oder aber die gezielte Beeinflussung der Spannung durch den Einsatz von Blindleistung, sind nur einige Beispiele hierfür (mehr Informationen dazu unter www.spannungshaltung.de). Aufgrund der strukturellen Veränderung im Energieerzeugungssystem geht zudem ein Großteil der bisherigen Blindleistungsbereitsteller, nämlich die konventionellen Großkraftwerke, vom Netz. Daher beschäftigen sich an der Forschungsstelle für Energienetze und Energiespeicher mehrere Forschungsprojekte mit den Fragestellungen, wie ein zukünftiges Blindleistungsmanagement im Stromnetz aussehen könnte und welche alternativen Blindleistungsquellen hierzu technisch und ökonomisch sinnvoll sind.