Regelalgorithmen für RONT - Feldversuch zu neuartigem Regelalgorithmus mit dynamischer Regelbandbreite bereits abgeschlossen

Ludwig Brey, Prof. Dr. Oliver Brückl, Johannes Eller
Der regelbare Ortsnetztransformator ist ohne Frage eine der effektivsten und zeitgleich wenig invasiven Maßnahmen, die Aufnahmefähigkeit der Verteilnetze (MS- und NS-Ebene) nachhaltig zu erhöhen. Bereits durch die standardmäßige Regelung der Transformatorausgangsspannung auf einen festen Spannungssollwert erhöht sich das Integrationspotential im Netz deutlich. Durch die Entkopplung der Spannungsschwankung im Niederspannungsnetz von der Mittelspannungsebene ist im unterlagerten Niederspannungsnetz das volle verfügbare Spannungsband von ±10 % nutzbar (bis auf die verbleibende Regelbandbreite des RONT von typischerweise 4 %), da der Spannungshub über die MS-Leitung nicht mehr berücksichtigt werden muss. Analog gilt dies für die Mittelspannung, sofern flächendeckend RONT eingesetzt werden. Abbildung 1 stellt diese Zusammenhänge schematisch dar.

Abbildung 1 Beispielhafte Spannungsbandaufteilung ohne und direkter Gewinn an Spannungsband mit RONT für NS und MS Ebene sowie durch den Einsatz einer dynamisch reduzierten Regelbandbreite
Noch mehr Freiräume im Spannungsband versprechen Regelverfahren, die über die Spannung an der Transformatorsammelschiene hinaus den aktuellen Netzzustand berücksichtigen. Dazu hat sich am HS/MS-Transformator bereits etabliert, den Sollwert in Abhängigkeit des Leistungsflusses oder Laststroms über dem zu regelnden Transformator oder über einem Leitungsstrang, der als Information bzw. Schätzung des Netzzustandes herangezogen werden kann, zu variieren. Diese Art der Regelung wird ebenfalls für RONT angewendet. Da diese Verfahren aber nur Hinweise geben und keine eindeutigen Rückschlüsse auf die tatsächlichen Spannungsverhältnisse im Netz erlauben, wird diskutiert auch abgesetzte Sensoren im Netz zur Erfassung des tatsächlichen Netzzustands einzusetzen. Die Messwerte können zur direkten Regelung oder auch zur Anpassung der Regelgrößen dienen (eine Darstellung und Kategorisierung der verschiedenen Regelvarianten ist in Abbildung 2 zu sehen). In jedem Fall ist jedoch die Zuverlässigkeit der Messwerterfassung entscheidend, da ein Ausfall oder fehlerhafte Messwerte zu unzulässigen Spannungswerten im Netz führen könnten. Dies macht eine redundante und damit meist unwirtschaftliche Ausführung der Messwerterfassung notwendig.

Abbildung 2 Grundsätzliche Prinzipien der Spannungsregelung durch Transformatoren auf Basis unterschiedlicher Eingangsgrößen
Umsetzung Algorithmus im Feldversuch
Die Funktionsweise des Regelalgorithmus wurde, nach einer ausführlichen Analyse in der Simulation, im Ortsnetz Arzberg Schlottenhof erfolgreich getestet. Dafür wurde die am ZAE Bayern bereits bestehende Infrastruktur verwendet, die rund um das im Rahmen des Projekts Smart-Grid-Solar entstandene Testfeld aufgebaut wurde. Der grundsätzliche Aufbau ist der Abbildung 3 zu entnehmen. Ein durch die MR veränderter ITAP-Spannungsregler passt entsprechend der Vorgaben des Algorithmus die Parameter des RONT an und reagiert dabei auf Signale einer eigens entwickelte Auswertelogik. Diese wertet die Signale der im Ortsnetz befindlichen Smart-Meter aus, welche über ihre GSM-Schnittstelle als abgesetzte Spanungssensoren dienen. Die Daten werden auf einer Austauschplattform zusammengefasst und über MQTT an die Ortsnetzstation via LTE Modem übertragen.
Abbildung 3 Zusammenspiel der Komponenten im Feldversuch, Hardware in der Ortsnetzstation sowie die Oberfläche mit den Aktuellen Messwerten
Funktionstest des Algorithmus im Feld
Im Testfeld installierte Photovoltaikanlagen und Speichermodule ermöglichen durch Einspeisung von Wirkleistung eine kontrollierte Anhebung der Spannung im Testfeld, welches durch eine etwa 450 m lange Leitung am ONT angebundenen ist. Die im Versuch eingespeiste Leistung (Abbildung 4) führt direkt zur Erhöhung der Spannung im Testfeld (Abbildung 5). Registriert die Logik eine Schwellwertüberschreitung (grüne Gerade) des letzten 5 Minuten Mittelwerts (lila Kurve), wird die Regelbandbreite definitionsgemäß eingeengt, am RONT wird je nach aktueller Spannungssituation eine Schaltung ausgelöst (Abbildung 6). Somit wird wie erwartet die Spannungssituation am kritischen Punkt entschärft.

Abbildung 4 Verlauf der Summenleistung am Testfeld während des Versuchs

Abbildung 5 Verlauf der Spannung im Testfeld, die gebildeten 5-Minuten-Mittelwerte sowie die obere Spannungsschwelle während des Versuchs

Abbildung 6 Verlauf der Spannung auf der Unterspannungsseite der Ortsnetzstation während des Versuchs sowie die Grenzen der Regelbandbreite (schwarz)
Fazit
Die entwickelte dynamische Einschränkung der Regelbandbreite als neues Regelverfahren, welches zusätzlich der üblichen Standard-Sammelschienen-Regelung überlagert werden kann, stellt dem Netzplaner vor allem ein schnell einsetzbares Werkzeug zur Verfügung, ein Anschlussgesuch ggf. auch bei bereits ausgereiztem Spannungsband kurzfristig umzusetzen. Durch die gewonnene Zeit und Messwerte können dann langfristige Maßnahmen besser geplant werden. Dazu wird keine redundante Spannungsmessung benötigt, ein einfacher Sensor mit Mobilfunkanbindung oder Smart-Meter mit Gateway reichen bereits aus. Im Feldversuch wurde die grundsätzliche Umsetzbarkeit und Funktionsfähigkeit des Regelalgorithmus gezeigt.