Power-to-Ammoniak: Möglichkeiten zur erneuerbaren Elektrifizierung und Dekarbonisierung der Ammoniakindustrie

Heberl, Michael (2017): Power-to-Ammoniak: Möglichkeiten zur erneuerbaren Elektrifizierung und Dekarbonisierung der Ammoniakindustrie, Masterthesis, OTH Regensburg, 31.10.2017, Regensburg.

Abstract

Ammoniak ist Grundbaustein für die Herstellung von Düngemitteln und dementsprechend für die Nahrungsmittelindustrie unentbehrlich. Ca. 40-50 % der Weltbevölkerung sind von Nahrungsmitteln abhängig, die mit Hilfe von Ammoniakdüngern hergestellten wurden. Weltweit wurden alleine im Jahr 2015 181 Mt Ammoniak produziert, wodurch die Ammoniakherstellung mit 1,2 % am gesamten Energieverbrauch der Welt beteiligt ist und für 0,93 % der globalen Treibhausgasemissionen zuständig ist.

Auch in Zeiten der Energiewende ist diese Grundstoffchemikalie unentbehrlich, ist aber auf einem anderen Wege herzustellen. Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung verschiedener Möglichkeiten zur erneuerbaren Elektrifizierung und Dekarbonisierung der Ammoniakindustrie, wodurch der Einsatz von herkömmlichen Energieträgern wie Erdgas, Kohle und Öl negiert werden kann.

Ammoniak wird aktuell über das Haber-Bosch-Verfahren aus den Rohstoffen Erdgas, Kohle und Öl gewonnen. Bei diesem Verfahren wird über einen Primär- und Sekundärreformer Wasserstoff und Stickstoff gewonnen. Andere Gasbestandteile werden gefiltert oder umgewandelt, um schädliche Katalysatorgifte (CO, H2S) zu entfernen. Im Reaktor wird an Eisenkatalysatoren aus Wasserstoff und Stickstoff letztendlich Ammoniak hergestellt. Der Energieverbrauch des Haber-Bosch Verfahrens schwankt zwischen 7,8 MWh/t NH3 für eine moderne und sehr effiziente Anlage mit Erdgas und 13,6 MWh/t NH3 für eine alte mit Kohle betriebene Anlage. An Emissionen treten pro hergestellter Tonne Ammoniak je nach Rohstoff 1,6-3,8 t CO2-eq auf.

Neben der Biomassevergasung gibt es mehrere rein elektrische Ansätze zur Ammoniakherstellung. Die unterschiedlichen elektrochemischen Ansätze zur direkten Ammoniaksynthese, wie der Einsatz von Flüssigsalzelektrolyten oder Feststoffelektrolyten, wurden in Abschnitt 3.2 vorgestellt. Einige dieser Technologien zeigen vielversprechende Ansätze, sind jedoch zum aktuellen Zeitpunkt noch zu weit von einem industriellen Einsatz entfernt.

Der Einsatz der Wasserelektrolyse in Kombination mit einer Luftzerlegungseinheit ist die derzeit vielversprechendste Methode Ammoniak auf einem strombasierten und dekarbonisierten Wege herzustellen. Bei diesem System wird Wasserstoff im Elektrolyseur und Stickstoff in der Luftzerlegungseinheit hergestellt. Die Ammoniaksynthese findet hierbei in einem Reaktor nach Vorbild des Haber-Bosch-Prozesses statt. Mit diesem System ist ein Energieverbrauch von ca. 10 MWh/t NH3 notwendig. Durch den Einsatz von rein erneuerbar hergestelltem Strom als Energieträger lässt sich mit diesem Technologiezusammenschluss die Ammoniakherstellung komplett Emissionsfrei gestalten. Dadurch können alleine in Deutschland jährlich bis zu 7,8 Mt CO2-eq eingespart werden.

Eine zukünftige Umstrukturierung der Ammoniakherstellung und der gesamten chemischen Industrie ist unabdingbar. Diese kann aber nur parallel mit einem Ausbau erneuerbarer Energien umgesetzt werden. Mit der Wasserelektrolyse und der Luftzerlegungseinheit sind die technischen Möglichkeiten für diesen Umbau bereits heute gegeben und brauchen nur noch eingesetzt werden.

Blockdiagramm der Ammoniaksynthese mittels Haber-Bosch-Verfahren mit
Elektrolyseur als Wasserstoffproduzent und Luftzerlegungseinheit zur Stickstoffgewinnung